Agil zwischen Ideal und Real – ein Praxisblick hinter den Buzz
- Track B - Flora
- 14:30 - 15:15
- Mario Moser
- Talk
- Deutsch
Beschreibung
„Agile Beyond the Buzz“ – ein treffendes Motto für alle, die Agilität nicht nur predigen, sondern leben.
In meinem Vortrag biete ich eine ehrliche Gegenüberstellung: Was sagt das Lehrbuch – und was passiert wirklich in einem mittelständischen Softwareunternehmen, das komplexe Produkte für tausende Kunden entwickelt?
Als Produktmanager bei BMD – einem österreichischen Anbieter betriebswirtschaftlicher Softwarelösungen – leite ich seit mehreren Jahren die Entwicklung nativer und webbasierter Applikationen für mehr als 20.000 monatliche Nutzer:innen. Dabei bin ich täglich mit der Spannung zwischen agilen Idealen und betrieblichem Pragmatismus konfrontiert.
In meinem Talk zeige ich anhand konkreter BMD-Projekte, wie agile Methoden in der Realität interpretiert, angepasst – und manchmal auch bewusst ignoriert werden. Es geht nicht um ein „So sollte man es machen“, sondern um ein ehrliches „So funktioniert es bei uns – und warum“.
Ich beleuchte unter anderem folgende Spannungsfelder:
1. Rollenverständnis: Product Owner zwischen Visionär und Feuerwehr
• Lehrbuch: PO als wertgetriebene Brückenbauer:in mit Entscheidungsmacht
• Realität: PO als Vermittler:in zwischen Kundenwünschen, Legacy-Systemen, Roadmaps und Fehlersuche
• Reflexion: Wie viel „Ownership“ ist in der Praxis wirklich möglich?
2. Sprint-Struktur: Rhythmus trifft Realität
• Lehrbuch: Fixe Sprints, klare Reviews, kontinuierliche Verbesserungen
• Realität: Sprints werden von Präsentationsevents, Urlaubsphasen und internen- sowie externen Abhängigkeiten beeinflusst
• Reflexion: Wann ist „stures Festhalten“ an der Methode kontraproduktiv?
3. Cross-funktionale Teams: Wunschbild mit Abteilungsgrenzen
• Lehrbuch: Teams, die alle nötigen Kompetenzen vereinen – von Analyse über UX bis DevOps – und somit autonom liefern können
• Realität: Spezialisierte Abteilungen, systembedingte Abhängigkeiten (z. B. Backend/Frontend/Plattform), Kompetenzverteilung über Teams hinweg
• Reflexion: Wo ist echte Cross-Funktionalität möglich – und wo muss sie durch gute Kommunikation und klare Schnittstellen kompensiert werden?
4. Feedback und Kundenfokus: Zwischen idealem Nutzerdialog und realer Marktkomplexität
• Lehrbuch: Frühes, häufiges Kundenfeedback
• Realität: Kundenfeedback durch Support-Filter, Kundenanforderungen durch das Sales-Team, Wie oft kommt man direkt mit Kunden in Kontakt?
• Reflexion: Welche Feedback-Quellen sind realistisch nutzbar – und welche unterschätzten Wege gibt es? Was ist NOHITO?
5. Priorisierung in der Praxis: Wer trifft wirklich die Entscheidungen?
• Lehrbuch: Der Product Owner ist verantwortlich für die Priorisierung im Backlog – auf Basis von Nutzerbedürfnissen und Wertschöpfung
• Realität: Entscheidungen entstehen oft im Spannungsfeld zwischen Geschäftsführung, Vertrieb, Fachabteilungen, strategischen Kunden und technischer Machbarkeit
• Reflexion: Wie gelingt Priorisierung, wenn nicht alle am Tisch dieselben Ziele verfolgen? Welche Rolle spielt der Product Owner dabei – Moderator, Entscheider oder Übersetzer?
Zielgruppe des Vortrags
• Produktverantwortliche, die sich zwischen Idealismus und Alltag behaupten müssen
• Agile Coaches, die Organisationen begleiten und realistische Strategien suchen
• Führungskräfte, die verstehen wollen, was Agilität in der Praxis wirklich bedeutet
• Entwickler:innen, die agiles Arbeiten aus verschiedenen Perspektiven erleben
Was das Publikum mitnimmt
• Eine praxisnahe, undogmatische Betrachtung von Agilität in einem realen Unternehmenskontext
• Konkrete Erfahrungsberichte mit Reflexion über Erfolge und Learnings
• Impulse zur Weiterentwicklung eigener agiler Strukturen – ohne den Anspruch auf Perfektion
• Eine Bestärkung darin, dass Agilität auch jenseits des Buzzwords wertvoll ist – wenn sie an die Realität angepasst wird
Ziel des Beitrags:
Ich möchte keine perfekte Anleitung vermitteln, sondern ein ehrliches Bild davon zeigen, wie Agilität in einem realen Unternehmenskontext aussehen kann – mit all ihren Widersprüchen, Herausforderungen und dennoch wertvollen Erfolgen.
Mein Ziel ist es, die Schönheit des Nicht-Perfekten hervorzuheben: Agilität muss nicht lehrbuchkonform sein, um Wirkung zu entfalten. Oft liegt gerade in pragmatischen Kompromissen, im bewussten Abweichen und im ehrlichen Umgang mit der Realität der wahre Mehrwert agiler Arbeitsweisen.
Agilität ist kein Zustand, sondern ein lebendiger Prozess – und dieser entfaltet sein Potenzial nicht trotz, sondern wegen der Unschärfen, die ihn begleiten.

Mario Moser
Mario Moser ist Produktmanager bei BMD Systemhaus, Lektor an der FH Campus 02 und erfahrener Vermittler zwischen Technik und Business. Mit Wurzeln in der Softwareentwicklung, einem Faible für UX und einem strukturierten Blick auf Prozesse beschäftigt er sich seit Jahren mit der Frage, wie echte Agilität in gewachsenen Unternehmenskontexten möglich ist.
– Produktmanager bei BMD Systemhaus GmbH, Verantwortlich für die Smartphone App sowie die Web-Plattformen (Alle Produkte aufsummiert ca. 100.000 User), seit 2013 im Unternehmen.
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